enjott schneider MOMENTS OF SILENCE HACKBRETT IN CONCERT

enjott schneider
MOMENTS OF SILENCE
HACKBRETT IN CONCERT

    • Birgit Stolzenburg (Tenor­Hackbrett)

    • Slava Cernavca (clarinet)

    • Harald Feller (organ)

    • Iris Lichtinger (flauto dolce)

    • Lisa Schöttl (dulcimer)

    • Gabriele Steck (soprano)

    • Seraphin String Quartet

    • BEYOND THE SILENCE

    • NOCTURNES

    • AILULU

    • HATIKWA

    • CIACONNA MISTICA

    • PRÉLUDE EN ROSE

    • BRUGHELIANA

    • THE STONES OF NEWGRANGE. SPIRAL MUSIC FOR DULCIMER & ORGAN

    • DREI MANDALAS

    • PRAYERS ... FROM THE HELLS OF WAR

  • STILLE …

    … ist eine hohe Disziplin des Menschseins: Von Laotses »Stille und Ruhe bringen die Welt ins rechte Maß« bis zur Feststellung des Kulturphilosophen Max Picard (1888–1965) »Nichts hat so sehr den Menschen verändert, als der Verlust des Schweigens« finden wir den Wert des Stillseins dokumentiert. Mathematik und Geometrie wissen, dass die Vektoren aller Zahlen aus der Null entstammen, in der Unscheinbarkeit des weißen Lichts ist der Reichtum aller Spektralfarben enthalten, jeder Klang der Musik wird aus der Stille geboren. Für alle Kreative waren Einsamkeit und Stille unabdingbare Basis. So Kurt Tucholsky »Man muss aus der Stille kommen, um etwas Gedeihliches zu schaffen«. Jean Paul »Unsere größten Erlebnisse sind nicht unsere lautesten, sondern unsere stillsten Stunden«. Meister Eckhart, der als Mystiker alle Philosophen der Neuzeit anregte: »Das ewige Wort wird nur in der Stille laut«, oder Khalil Gibran: »Silence is the bridge between the souls«.

    Die Klänge des Hackbretts sind wie geschaffen, um zur Stille zu finden. Wie leise Glocken können die Saitentöne nach dem Anschlagen oder Anzupfen nicht mehr moduliert werden. Vom Menschen nicht mehr beeinflussbar erschaffen sie mit ihrem Ausklang einen eigenen Klangraum, der wie ein vielstimmiger Engelschor aus vergangenen Momenten auf ein Ewiges und Jenseitiges verweist. Das Hackbrett ist die Urform aller Klaviere, wobei die vielfachen Anschlagsarten und Schlegelformen eine Differenziertheit des Klangs ermöglichen, die jedem modernen Konzertflügel überlegen ist: Letzterer kann wohl lauter donnern und erlaubt schnellere Tonfolgen sowie komplexere Polyphonie und Harmonik …. Aber in der Welt der Stille ist die so unnachahmlich ausschwingende Klangwelt des Hackbretts unübertroffen. Nicht umsonst nannte man dieses Saiteninstrument »dulce melos« (lieblicher Klang, süßes Lied), was in der französischen Bezeichnung »doulcemèr« oder im englisch-irischen »dulcimer« noch erkennbar ist. Man findet das Hackbrett – ein Name, der auf die alpenländische Form verweist – in allen Kulturen: vom mittelalterlichen oder barocken Psalterium, dem italienischen Salterio bis zur zarten finnischen Kantele, dem ungarisch-osteuropäischen Cymbalon, der ukrainischen Bandura, der persischen Santur, dem chinesischen Yangqin oder dem thailändischen Khim.

    Mit der Solistin Birgit Stolzenburg, die heute als Professorin an der Münchner Hochschule für Musik und Theater lehrt, verbindet mich eine schon längere Zusammenarbeit. Ihr Ziel ist es, das Image des Hackbretts aus dem Kontext der alpenländischen Volksmusik zu lösen und wieder zur musikalischen Kunstmusik rückzuführen, wo es einst in Mittelalter und Renaissance beheimatet war. In ihren Konzertreihen wie »Hackbrett and more« zeigt sie auch gerne die parallele Verbundenheit mit den vielfältigen Formen der »Weltmusik« auf. Gerade in Asien von der Türkei bis Iran oder China, Japan, Korea wird auf diesem Saiteninstrument ein hohes künstlerisches Niveau, Virtuosität und stilistische Vielfalt erlebbar. Ich selber schreibe gerne Musik für das sogenannte »Chinese Orchestra«, das in allen asiatischen Metropolen zunehmend Renommé erfährt und das bei den 60–80 Instrumenten mindestens drei Yangqin-SpielerInnen als Standard aufweist. Das technische wie ästhetische Niveau ist auf diesem Saiteninstrument außerordentlich hoch, was z.B. an den vielen existenten Konzerten für Yangqin und Orchester, aber auch an Kammermusik und Solowerken evident wird.

    Das sind Entwicklungen, die dem eurozentristischen Blickfeld der Neuen Musik hierzulande leider wenig bekannt sind. Vielleicht vermag die CD MOMENTS OF SILENCE hier Neugier und Interesse zu wecken … es ist eine faszinierende Klangwelt, die den meisten Liebhabern der klassischen Musik noch eine terra incognita sein dürfte.

    Enjott Schneider

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